20. Oktober 2021 / Allgemeines

Drei Wissenschaftlerinnen mit Knowhow zum Innenleben der Pflanzen

Humboldt-Stiftung fördert Aufenthalte in der Universität Bielefeld

Gleich drei ausländische Wissenschaftlerinnen arbeiten derzeit als Gastforscherinnen in einer Arbeitsgruppe der Fakultät für Biologie der Universität Bielefeld. Sie sind Stipendiatinnen der angesehenen Alexander von Humboldt-Stiftung und Spezialistinnen für regulatorische RNA-Moleküle in Pflanzen. Diese Moleküle regeln Abläufe in den Zellen und tragen dazu bei, dass Pflanzen sich an wechselnde Umweltbedingungen anpassen können.

Dr. Julieta Mateos, Dr. Yamila Agrofoglio – beide aus Argentinien – und Dr. Marlene Reichel aus Österreich forschen während ihres Aufenthalts an der Universität Bielefeld in der Arbeitsgruppe „RNA-Biologie und Molekulare Physiologie“ von Professorin Dr. Dorothee Staiger. Die Gruppe interessiert sich dafür, welche Kontrollfunktionen Ribonukleinsäuren (RNA) neben ihrer Aufgabe als Kopiervorlage für Proteine in den Zellen von Pflanzen, Tieren und anderen Organismen übernehmen.

Dr. Julieta Mateos und Dr. Yamila Agrofoglio arbeiten normalerweise am Institute for Physiology, Molecular Biology and Neurosciences (IFIBYNE) der University of Buenos Aires. Julieta Mateos’ Fachgebiet ist molekulare Pflanzenbiologie. „Ich befasse mich mit genregulatorischen Netzwerken, die die Entwicklung von Pflanzen steuern. Dabei konzentriere ich mich auf Mechanismen, die es den Pflanzen ermöglichen, alle ihre RNA-Moleküle schnell und präzise anzupassen. So können sie auf ihre Umwelt reagieren und wichtige Abläufe wie den Zeitpunkt ihrer Blüte regulieren.“

Mateos´ viermonatiger Aufenthalt wird über das Alumni-Programm der Humboldt-Stiftung gefördert. Sie war 2017 schon einmal als Gastwissenschaftlerin an der Universität Bielefeld. Auf Einladung der Humboldt-Stiftung konnte Julieta Mateos diesmal zusammen mit Yamila Agrofoglio nach Bielefeld kommen. Agrofoglio ist Postdoktorandin in der Arbeitsgruppe von Dr. Mateos und untersucht derzeit, wie Pflanzen den Zeitpunkt des Blühens bei ungünstigen Umweltbedingungen wie tiefen Temperaturen steuern.

Entsprechend dem Motto „Einmal ein Humboldtianer, immer ein Humboldtianer“ schätzt Julieta Mateos besonders, dass die Alexander von Humboldt Stiftung ihre Alumni immer wieder unterstützt. Die Austauschprogramme sind für sie in den Zeiten der Pandemie noch wichtiger, um Kollaborationsprojekte voranzutreiben.

Die Österreicherin Dr. Marlene Reichel ist bereits seit Januar 2020 als Gastforscherin in der Arbeitsgruppe von Professorin Staiger. Die Humboldt-Stiftung fördert sie mit einem zweijähri-gen Postdoktorandinnen-Stipendium. Zuvor hat sie an der Australian National University (ANU) in Canberra promoviert und danach an der Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) Zürich in der Schweiz geforscht. Sie identifiziert bestimmte RNA-Moleküle in Pflanzen, die mit dafür sorgen, dass in den Zellen wiederkehrende Routinen ablaufen. „Ich beschäftige mich auf molekularer Ebene unter anderem mit der inneren Uhr von Pflanzen. Die innere Uhr beeinflusst zum Beispiel, zu welcher Tageszeit eine Pflanze am stärksten wächst oder wann sie Photosynthese betreibt – und erlaubt es den Pflanzen dadurch, ihren Stoffwechsel an die Tageszeit anzupassen“, sagt Reichel. In ihrer Forschung nutzt sie die iCLIP-Methode – ein Ver-fahren, das in Staigers Gruppe erstmals auf Pflanzen angewendet wurde.

Reichel hat in ihrer Dissertation erstmals ein Kompendium an Proteinen erstellt, die in der Pflanzenzelle an RNA-Moleküle binden und damit an der Realisierung des Erbguts beteiligt sind. „Eines dieser RNA-bindenden Proteine, an denen Marlene Reichel interessiert ist, interagiert mit einem anderen RNA-bindenden Protein, zu dem unsere Gruppe mit einer Gruppe aus Kopenhagen zusammenarbeitet“, berichtet Dorothee Staiger – eine Publikation aus dieser Zusammenarbeit ist gerade bei der renommierten Zeitschrift elife erschienen. „Mit den Ergebnissen von Marlene Reichel konnten wir nun neue Zusammenhänge aufdecken, die uns bei der Aufklärung der molekularen Funktion helfen.“ Dass Reichel auf das Know-how der Bielefelder Gruppe zurückgreift und diese mit eigener Forschung bereichert, sei ein gelungenes Beispiel für die Zusammenarbeit mit Gastforschenden. „Eine solche gegenseitige Ergänzung der Expertisen macht den Charme bei der Bearbeitung von gemeinsamen Forschungsprojekten aus und trägt bei, neue Lösungen zu finden und neue Projektideen zu entwickeln“, so Staiger.

Dorothee Staiger sieht in der Mitarbeit von Gastwissenschaftler*innen nicht nur die gegenseitige Unterstützung in der Forschung als Vorteil. „Für die Nachwuchswissenschaftler*innen in unserer Gruppe bieten die Kontakte außerdem eine gute Gelegenheit, ihr internationales Netzwerk zu erweitern. Auch die Studierenden in unserer Gruppe lernen frühzeitig Internationalisierung als einen wichtigen Aspekt ihrer zukünftigen Tätigkeit kennen.“ Die Professorin arbeitet schon seit vielen Jahren mit der Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH) zusammen. So organisierte ihre Arbeitsgruppe 2017 ein Symposium für Naturwissenschaftler*innen als Teil der AvH-Netzwerktagung an der Universität Bielefeld.

Die Humboldt-Stiftung fördert Wissenschaftler*innen, unabhängig von Fachrichtung und Nationalität. Sie setzt sich für internationale Verständigung, wissenschaftlichen Fortschritt und Entwicklung ein.

Weitere Informationen:
•    Website der Arbeitsgruppe von „RNA-Biologie und Molekulare Physiologie“
•    Website der Arbeitsgruppe von Dr. Julieta Mateos (https://ifibyne.fcen.uba.ar/grupo-mateos/)
•    Interview mit Dr. Marlene Reichel (Aktuell-Blog-Beitrag vom 2. Januar 2020)
•    Förderprogramme der Alexander von Humboldt-Stiftung

Die Gastforscherinnen und ihre Gastgeberin (v.li.): Dr. Julieta Mateos aus Argentinien, Dr. Marlene Reichel aus Österreich, Prof’in Dr. Dorothee Staiger von der Universität Bielefeld und Dr. Yamila Agrofolio aus Argentinien. Foto: Universität Bielefeld

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