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Die Stadtbahn ist heute nicht mehr aus der Stadt weg zu denken. Ende des Jahres 1900 ging die erste Teilstrecke in Betrieb. Zu Pfingsten des folgenden Jahres – genau vor 120 Jahren - konnten die Passagiere dann auch direkt nach Schildesche fahren. Noch heute ist die Linie 1 die Stadtbahnlinie mit den meisten Fahrgästen. Die Streckenverlängerung bis „Schildesche-Dorf“Die Straßenbahnlinie 1 sollte nach dem Willen der Planer „Schildesche-Dorf“ und „Brackwede-Dorf“ verbinden. Doch zunächst reichte sie nur bis zum „Rettungshaus“, dem heutigen Johanneswerk. Dieser Streckenabschnitt wurde am 20. Dezember 1900 eröffnet. Um die restliche Strecke fertigstellen zu können, waren noch Kanalarbeiten auf der Kreisstraße, einem Stück der heutigen Beckhausstraße, zu erledigen. Am 24. Mai 1901 – dem Freitag vor Pfingsten - konnte schließlich die vollständige 9,2 Kilometer lange Strecke bis ins damals noch selbstständige Dorf Schildesche in Betrieb gehen. Die „Elektrische“ endete vor dem Hotel Ravensberg – in direkter Nähe der heutigen Gaststätte Möpken. Die Wirtin Emmy Voss ließ es sich damals nicht nehmen, anlässlich der vollständigen Streckeneinweihung „das erste diesjährige Gartenkonzert“ zu veranstalten. Es erfreute am 28. Mai des Jahres – „abends 8 Uhr“ - die Gäste. Das neugebildete städtische Orchester unter der Leitung des Königlichen Musikdirektors Traugott Ochs spielte auf. In der Anzeige in der „Westfälischen Zeitung“ betonte die „Frau Wittwe Voss: „Nach Schluß des Konzerts stehen die Wagen der elektrischen Bahn zur Verfügung.“ Fahrgäste und FahrerAnfangs sah Straßenbahn fahren durchaus anders aus als heute. So konnten die Fahrgäste zunächst noch einfach auf- und abspringen. Da rannte mancher hinter der schon anfahrenden Bahn her und hüpfte noch gerade auf den Perron. Natürlich blieben Stürze dabei nicht aus. Auf diese Gefahr wiesen die Tageszeitungen regelmäßig hin. Recht anstrengend war seinerzeit der Beruf des Fahrers an der „Kurbel“ – 60 Wochenstunden an sechs Tagen und maximal sechs Urlaubstage im Jahr. Auch hatten die ersten Wagen noch keine Frontscheibe. Im Winter zierten deshalb manchmal Eiszapfen die Bärte der Straßenbahnfahrer. Die Straßenbahn kommt gut anUnsicher waren sich die Planer der Bielefelder Straßenbahn vor Betriebsaufnahme, wie viele Menschen das komplett neue Verkehrsmittel in Zukunft benutzen würden. Deshalb standen zunächst lediglich 12 Triebwagen und 8 Beiwagen mit jeweils knapp 20 Sitz- und Stehplätzen zur Verfügung. Dies führte anfangs zu einem 30-Minuten-Takt. Die Nachfrage entwickelte sich aber von Anfang an positiv. Durch Anschaffung weiterer Wagen schon bis zum 23. Mai 1901 erhöhte sich der Fahrzeugbestand auf 21 Triebwagen und 11 Beiwagen – so konnte der Takt auf 7,5 Minuten reduziert werden. In der Frühzeit der neuen Straßenbahn gab es Kritik an dem zu frühen Betriebsschluss in den Abendstunden, geäußert in Leserbriefen. So fuhr schon um 20:29 Uhr die letzte Bahn nach Brackwede sowie nach Schildesche um 21:31 Uhr – und endete bereits am Stadtwerkegelände an der Schildescher Straße. Konzert- und Theaterbesucher hatten das Nachsehen und mussten sehen, wie sie nach Hause kamen. Andere Städte dienten den Kritikern als Beispiel. Die Zeitung merkte an, dass „in den meisten Städten die letzten Wagen um 12.00 (Mitternacht) und 1.00 Uhr abgelassen“ würden. Mit der Ausweitung des Fahrzeugbestandes konnte auch die Bielefelder Straßenbahn ab 23. Mai 1901 abends länger fahren. Von Anfang an: Eine Frage der KostendeckungVon Anfang an war die Wirtschaftlichkeit der Straßenbahn ein Thema. Konnte die Westfälische Zeitung zum allerersten Betriebstag im Dezember 1900 noch stolz vermelden, dass die „Einnahme den erforderlichen Betrag von 300 Mark um rund 200 Mark überschritten“ hatte, ergab sich diesbezüglich bald eine Ernüchterung. Weil der Magistrat niedrige Fahrscheinpreise befürwortete, um eine gute Auslastung der Züge sicher zu stellen, fuhr die „Elektrische“ im ersten Betriebsjahrzehnt stets Defizite ein. Erst um 1910 begann die Straßenbahn in Bielefeld Gewinn abzuwerfen. Ein Überschuss von genau 120.884,01 Mark konnte erwirtschaftet werden. Weitere Überschussjahre finden sich bis zum Ersten Weltkrieg, nochmals Ende der 1920er Jahre und in den 1950er Jahre. Eine historische Postkarte aus Schildesche um 1906: Links ist ein Triebwagen der Linie 1 zu erkennen. Dahinter der Turm der Stiftskirche. Rechts dominiert das ausladende „Hotel Ravensberg“ mit seiner typischen Holzveranda den Blick. Die „Elektrische“ verströmte in ihrer Anfangszeit eine besondere Faszination: Die Kinder kamen zahlreich zusammen und staunten. (Quelle: Sammlung Joachim Wibbing | moBiel)